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Fotos, Videos, Zeichnungen – das alles sind wunderschöne Erinnerungen an meine Tochter. Ich war gerne Vater, habe die Mutter unterstützt und, habe mich gekümmert. Nur war ihr das irgendwann gar nicht mehr recht. Sie wusste ja selbst, was gut für ihr Kind ist – nur sie allein. Das war auch schon zu einer Zeit, als wir noch zusammen waren. 

Als dann die Trennung kam, ging das weiter. Ich wurde erpresst: wenn ich nicht das mache, was sie möchte, werde ich unser Kind nie wiedersehen. Ich dachte nicht, dass es soweit kommen würde. Jugendamt und Familiengericht urteilen ja nach dem „Kindeswohl“. Außerdem hatte ich ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Tochter und war bereit, auch zurückzustecken, wenn es ihr helfen würde. 

Über die Jahre kamen ganz viele Leute zu uns, die uns wie Laborratten immer wieder beobachteten und begutachteten. Ein unangenehmes Gefühl. Immer wieder wurde festgestellt, dass sich meine Tochter bei mir wohl fühlt und ich als Vater wichtig für die kleine Maus bin. Nur die Mutter sah dies anders. Sie arbeitete nachhaltig daran, meiner Tochter klarzumachen, was für ein schlechter Mensch ihr Vater doch sei. Die Kleine litt immer mehr darunter und war stark belastet. Dies wahrzunehmen, zerriss mir das Herz. Ich merkte, was passiert. Das Thema „Entfremdung“ zeigte sich immer klarer und deutlicher. Ich warnte das Jugendamt und das Familiengericht immer wieder vor dieser Entwicklung. 

Es hieß, ich würde ja die Mutter schlechtmachen. Dem gemeinsamen Kind gehe es ja nur deswegen schlecht, weil die Eltern streiten. Das Kind müsse zur Ruhe kommen. Kennen Sie diese Sprüche? Es scheint das immer wiederkehrende Mantra zu sein. Nur wie soll ich den Streit beenden, wenn die Mutter mit aller Macht jede Möglichkeit nutzt, um Streit anzuzünden und auszudehnen? Diese Frage konnte mir niemand beantworten. Alle schauten nur zu, wie das Vorhersehbare eintrat. Die Richterin gab der Mutter letztlich sogar noch die „Gebrauchsanweisung“, indem sie sagte „wenn der Streit so weitergeht, wird das Kind den Vater irgendwann komplett ablehnen“. Die Mutter verschärfte daraufhin die Gangart noch einmal deutlich. 

Irgendwann sprach sogar ein Gerichtsgutachter von Kindeswohlgefährdung durch die Haltung der Mutter. Diese wollte daraufhin umziehen – genau zu diesem Zeitpunkt brach der Kontakt zu meiner Tochter ab. Niemand versuchte, diesen wiederherzustellen. Stattdessen ließ man die Mutter wegziehen und konnte die Akte damit schließen. Das Jugendamt und das Familiengericht hatten ihr Problem damit gelöst. Über all die Jahre hat niemand der Mutter ein Zeichen gegeben, dass das, was sie tut ihrem eigenen Kind schaden würde. Wenn sie der Tochter den Vater nehmen möchte immer zu, das scheint man hier immer so zu machen hatte ich mehr als nur einmal den Eindruck. 

Meine Tochter habe ich nie wiedergesehen – mittlerweile sind es über vier Jahre her. Am neuen, 600 km entfernten Wohnort wurde zwar das Problem erkannte man zwar das Problem, benannte selbst Entfremdung und Gefährdung ganz klar, wollte aber nichts machen – man kannte die dicken Akten, viel zu anstrengend. Die Eltern müssten halt miteinander reden, nur so könne dem Kind geholfen werden. Nur was ist, wenn der Elternteil, der das Kind belastet und es bei sich hat, gar nicht reden will? Auf diese Frage warte ich bis heute auf die Antwort. 

Meiner Tochter geht es zunehmend schlechter. Sie hat massive psychische Probleme, muss in Therapien und Kliniken. Dies erfahre ich zumindest noch aus den Gerichtsakten von ihr. Niemand unternimmt etwas – und das seit Jahren. Die „Fachkräfte“ haben schon lange kapituliert. Ich soll doch Ruhe geben, ihnen keine Arbeit machen und da könne man halt nichts machen. 

Niemand soll mir noch mit dem Begriff „Kindeswohl“ kommen. Das ist Kindesmissbrauch und die Gerichte und Jugendämter schauen seit Jahren zu. Aber ja, das Kind braucht ja die Mutter. Diesen Spruch habe ich immer wieder gehört. Ich habe dies auch nie infrage gestellt. Ursprünglich wollte ich das Wechselmodell für unsere Kleine, damit sie weiter Mama und Papa hat. Die Mutter wollte „ihr Kind“ und mit ihr eigene Kindheitstraumata ausleben. Ihre eigene Geschichte überträgt sie jetzt auf unsere Tochter und das Trauma lebt in der nächsten Generation fort. 

Heute wechselt statt dem Kind nur noch das Geld. Es fühlt sich an, als ob ich vergewaltigt worden wäre und dafür noch jeden Monat zahlen müsste. Wie ich den Gerichtsakten entnehmen kann, bin ich für meine Tochter nur noch ein Monster. Mit jedem Jahr Kontaktabbruch werden die Geschichten, die sie vorträgt, abstruser. Diese sind inhaltlich nicht stimmig oder widersprechen sich. Ein Experte würde wohl von Eltern-Kind-Entfremdung im Endstadium sprechen. Niemand hat etwas unternommen, um meine Tochter davor zu schützen – und das zehn Jahre lang. 

Wenn ich heute beim Einkaufen oder mit Freunden zusammen bin und sehe, wie sich Väter um ihre Kinder kümmern, freut es mich einerseits für diese. Auf der anderen Seite tut es weh, selbst nicht mehr Vater sein zu dürfen. Geburtstage, Weihnachten, Orte, an denen ich mit meiner kleinen Maus gewesen bin und sehen zu müssen, wie ihre ehemaligen Klassenkameraden aufwachsen – all das schmerzt unheimlich. Genau wie das Wissen, dass es meiner Tochter nicht gut geht und sie für ihr Leben einen Schaden davontragen wird. In ihrer Wahrnehmung bin ich der Verantwortliche für alles Schlimme in ihrem Leben. „Es hat nie schöne Zeiten mit meinem Vater gegeben, er hat sich nie um mich gekümmert“, sagte sie in einer der letzten Befragungen. Alle schauten nur bedrückt drein, wussten aus den dicken Aktenbergen, dass das definitiv nicht stimmt – im Gegenteil. Man lässt ihr aber dieses Bild, weil Mama es so möchte. 

Wenn ich in den Medien wiederholt Berichte sehe, in denen es heißt, Väter sollen sich stärker engagieren, kann ich nur den Kopf schütteln. Ja, natürlich wäre das toll. Ich war ein engagierter Vater, hätte alles für mein Kind getan. Heute müsste ich eigentlich jeden Mann davor warnen, Vater zu werden. Das Risiko, nur noch zum Zahlesel zu werden, ist in Deutschland unkalkulierbar hoch. Und unser Staat ist nicht willens, Kinder zu schützen. Auch das habe ich gelernt. Man könnte es auch Diskriminierung nennen. Gibt es Diskriminierung auch bei Männern? 

Bin ich ein tragischer Einzelfall? Nein. Ich kenne mittlerweile sehr viele davon. Der Paketbote, der Steuerberater, der IT-Entwickler, der Industriemechaniker, der Fliesenleger, der Lehrer – überall laufen mir immer wieder „entsorgte“ Väter über den Weg. Und wenn einige von ihnen nach Jahren wieder Kontakt zu ihren Kindern hatten, waren diese meist psychisch kaputt, hatten Therapien und Kliniken hinter sich oder Alkohol- und Drogenkarrieren. 

Eltern-Kind-Entfremdung ist grausam. Für den entfremdeten Elternteil und für das Kind. Es ist eine Form von Missbrauch, die sich immer weiter ausbreitet und bei der einfach zugesehen wird. Als ich den Film „Weil Du mir gehörst“ gesehen habe, musste ich heulen. Ich musste den Film mit mehreren Unterbrechungen anschauen. An vielen Stellen war es meine Geschichte, nur das am Ende niemand eingegriffen hat. 

Nächstes Weihnachten sitze ich mit meiner Partnerin und ihren Kindern in „fröhlicher Runde“. Auch die Oma meiner kleinen Maus, meine Mutter, wird wieder mit dabei sein. Auch sie hat seit Jahren kein Lebenszeichen von ihrem Enkelkind. Briefe und Geschenke werden nicht beantwortet oder kommen zurück. Am Weihnachtstisch ist gefühlt immer ein Stuhl leer – der Stuhl meiner kleinen Maus. Ich denke jeden Tag an sie. Manchmal an die schönen Zeiten, manchmal kommen mir die Tränen. Ich weiß, ich bin Vater bis ans Ende meiner Tage. Aber für meine kleine Maus nicht da sein zu können, nicht einmal mehr zu wissen, wie sie heute aussieht, das ist unmenschlich und verursacht einen unvorstellbaren Schmerz in mir. 

In meinem Herzen werde ich meine kleine Maus immer weiter lieben und sollte sie eines Tages doch vor meiner Tür stehen, wird diese immer für sie offen sein, egal was in der Vergangenheit war. Die Hoffnung gebe ich nicht auf, denn sie ist und bleibt meine Tochter.